Bildung

Wo Giordano irrt

Duisburger Grüne weisen Kritik des Journalisten und Schriftstellers an der Moschee in Marxloh postwendend zurück

 

Duisburg, 24.10.2008 – In einem am Donnerstag erschienenen Interview hatte Giordano die Integration für gescheitert erklärt und den Grünen Sozialromantik und Gutmenschentum vorgeworfen. „Giordano sagt selbst, dass er kein Rezept für Integration hat“, reagierte jetzt der Sprecher der grünen Ratsfraktion Prof. Dr. Dieter Kantel auf die Äußerungen des Publizisten. „Angesichts dieser Orientierungslosigkeit verbietet sich eigentlich seine unnachgiebige Gewissheit, mit der er generell den Bau von Moscheen im Land ablehnt und sich dazu versteigt, von einer Plantage von Moscheen in Deutschland zu sprechen. Hier täte ein wenig mehr Sorgfalt in der Argumentation gut.“

 

Richtig sei, so Dr. Kantel, dass es Deutschland noch nicht geschafft habe, die vielen Migrantinnen und Migranten in unsere Gesellschaft zu integrieren. Dafür gebe es eine Reihe von Gründen, sowohl auf Seiten der Migranten-Comunity, die sich häufig abkapsele, als auch auf Seiten der Mehrheitsgesellschaft, die die zugewanderten Menschen nach wie vor massiv sozial ausgrenze. Von daher gebe es zahlreiche Beispiele für eine gelungene wie auch misslungene Integration. Doch deshalb von einem Scheitern der Integration zu sprechen, hält Dr. Kantel für absolut abwegig: Die positiven Beispiele fänden leider nur seltener Erwähnung, da sie schon lange zum Alltag der hier lebenden Menschen gehörten.

 

„Woher nimmt Herr Giordano die Gewissheit, dass dieser Prozess heute abgeschlossen ist und zwar negativ“, fragt der grüne Fraktionsvorsitzende. „Für diese seine persönliche Meinung gibt es keinen Beleg und kann es keine Belege geben angesichts der Offenheit der zukünftigen Entwicklung.“ Integration sei eine permanente und niemals abgeschlossene Aufgabe, solange Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zu uns kämen.

 

Völlig unverständlich sei es daher, wieso Giordano ein Projekt wie die Moschee in Marxloh verunglimpfe, das einen positiven Beitrag zur Integration leisten könne und sich als Bildungs- und Begegnungsstätte für alle Bürgerinnen und Bürger, ob mit oder ohne Zuwanderungsgeschichte, verstehe. Denn hier würden Menschen mit einer anderen Religion nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt. Und mit der Begegnungsstätte mache die Stadtgesellschaft deutlich, was Duisburg von den Muslimen einfordere, nämlich Offenheit, Toleranz und die Bereitschaft zum Dialog. Und genau darin sieht Dr. Kantel auch die Gründe für die positive Entwicklung des Moscheebaus in Marxloh. Die Akzeptanz für die Moschee sei nur vor dem Hintergrund der Alltäglichkeit und Normalität des Miteinander- und Nebeneinanderlebens verständlich.

 

Den Vorwurf der Sozialromantik wies der migrationspolitische Sprecher der Grünen Sait Keleş energisch zurück: „Sicherlich ist Giordano nicht so mit der grünen Programmatik vertraut, sonst hätte er selbst gesehen, wie abwegig dieser Gedanke ist.“ Die Grünen hätten von Beginn an eine kritische Haltung zu Religion und ihren Institutionen eingenommen und kritische Theologen wie z.B. Küng, Ranke-Heinemann oder jetzt Kalisch in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung unterstützt. Und auch das Eintreten für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern habe die Grünen vor Einseitigkeiten in ihrem Urteil bewahrt.

 

„Wir Grüne treten für eine multikulturelle Demokratie ein auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte und des Rechts auf Selbstbestimmung. In unserem Grundsatzprogramm von 2002 erkennen wir die kulturelle Vielfalt in Deutschland an und verwahren uns gleichzeitig ganz entschieden vor einem falschen kulturellen Relativismus, wenn es um die Grundsätze eines friedlichen Zusammenlebens geht“, so Keleş. Grüne Integrationspolitik sei keineswegs blauäugig, sondern sie sehe und benenne die Probleme des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Kulturen.

 

Nur sind für Keleş die bestehenden Probleme und Differenzen kein Grund dafür, den Bau einer Moschee abzulehnen. Hier unterliege Giordanos Denken einem offensichtlichen Fehlschluss.

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