Duisburg und die Rhein-Ruhr-Region auf dem Weg zum Wasserstoff-Hotspot


Antragsteller*innen: Felix Banaszak, Jule Wenzel, Felix Lütke, Lamya Kaddor, Kevin Galuszka, Deborah Rapp, Gerd Schwemm, Frank Pattusch, Endrju Selimaj, Britta Schweiger, Holger Fitzner

Die Transformation der energie- und CO2-intensiven Industrie zur klimaneutralen Produktion ist ein zentraler Bestandteil des 1,5-Grad-Pfades. Vom Gelingen dieser Transformation hängt nicht nur das Erreichen der Klimaziele des Klimaschutzgesetzes, sondern auch der wirtschaftliche Bestand der Rhein-Ruhr-Region als Industriestandort ab. Ohne eine Umstellung auf eine klimaneutrale Produktionsweise haben, durch den internationalen Wettbewerb und die ansteigende Bepreisung von CO2-Emissionen im europäischen Zertifikatehandel, weder Stahl-, noch Chemie- oder andere Industrien auf Dauer eine Chance, zu überleben. Klimaschutz ist also keine Bedrohung für den Industriestandort, sondern die große Chance, sich zukunfts- und wettbewerbsfähig aufzustellen. Damit schafft und sichert die grüne Transformation auch gute Arbeitsplätze in erneuerten Industrien für die kommenden Jahre und Jahrzehnte und beugt der Abwanderung von Wertschöpfung und der Verlagerung von CO2-Emissionen (“Carbon Leakage”) in andere Regionen vor.

Diese Transformation erzeugt zusätzliche Bedarfe an Strom, wobei nur durch erneuerbar produzierten Strom Klimaneutralität zu erreichen ist. Verstärkt wird dies durch die energieintensive Herstellung von großen Mengen von Wasserstoff. Zur grünen Transformation wird auf Dauer ausschließlich grüner Wasserstoff, d.h. aus erneuerbaren Quellen erzeugter Wasserstoff, benötigt. Wasserstoff ersetzt in der Stahl- und Chemieindustrie Kohle und Gas als Prozessstoff und kann an anderen Stellen die nötige Prozesswärme erzeugen. Wasserstoff ist aber auch ein Energiespeicher und damit Bestandteil eines erneuerbaren Energiesystems, das auch in Dunkelflauten – also Zeiten, in denen weder ausreichend Wind noch Sonne zur Energiegewinnung verfügbar sind – ohne fossile oder atomare Energieträger auskommt. Und nicht zuletzt werden Wasserstoff und seine Derivate wie Ammoniak eine Rolle im Schwerlastverkehr und in den Mobilitätsbereichen spielen, in denen Batterieelektrik keine Option ist.

Die Rhein-Ruhr-Region kann mit Duisburg als dem Herzen der Stahlindustrie, als Standort des größten Binnenhafen Europas und als Teil etablierter Forschungsnetzwerke die Chance ergreifen und sich als Hotspot einer Wasserstoffwirtschaft im Industriemaßstab etablieren und die Zukunft mit gestalten.

Duisburg ist prädestiniert dafür, aktiv als Leuchtturm für die Transformation der Industrie in Deutschland voranzugehen. Dazu gehört auch, eine leistungsfähige Infrastruktur für die Wasserstoffwirtschaft in Duisburg anzureizen und Produktion, Transport und Abnahme zusammenzubringen. Die Förderung einer Direktreduktionsanlage zur CO2-freien Stahlproduktion bei thyssenkrupp Steel durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Bund ermöglicht, unter Einsatz von grünem Wasserstoff, schon in wenigen Jahren (ab 2026) die ersten CO2-frei produzierten Stahlbrammen vom Band gehen zu lassen.

Bis zur vollständigen Versorgung durch erneuerbar produziertem Strom und auch darüber hinaus bleibt grüner Wasserstoff ein knappes Gut. Die Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge von Wasserstoff wird zudem durch die Kapazitätsbegrenzung der zu errichtenden Elektrolyseanlagen eingeschränkt. Auch die angezielten Importe aus dem europäischen wie außereuropäischen Ausland werden wegen der noch zu errichtenden Infrastruktur kurzfristig nicht bzw. nur in geringem Ausmaß verfügbar sein. Wasserstoff sollte daher zunächst dort Anwendung finden, wo die direkte Elektrifizierung von Prozessen technisch oder wirtschaftlich keine Alternative ist.

Das bedeutet einen Vorrang für Anwendungen in der Stahl- und Chemieindustrie, für die netzdienliche Speicherung und Rückverstromung in Wasserstoffkraftwerken und für den Schwerlastverkehr. Für die Erreichung der Klimaziele ist es schlicht widersinnig, den knapp verfügbaren Wasserstoff etwa flächendeckend in die Wärmenetze einzuspeisen, wenn damit die Gefahr verbunden ist, die Dekarbonisierungsziele in Stahl- und Chemieindustrie zu verfehlen. Energieeffizienzsteigerung und Elektrifizierung bleiben also die zentralen Aufgaben neben bzw. vor dem Wasserstoffhochlauf.

Für diesen Markthochlauf wird gleichzeitig notwendig sein, ausreichend pragmatisch vorzugehen und Angebot und Nachfrage dahingehend zusammenzubringen, dass der Wasserstoffpreis durch den durch den Ausbau der Erneuerbaren weiter sinkenden Strompreis, durch Effizienzgewinne im Technologiehochlauf und durch die entsprechende Skalierung der Abnahme produzierter Kapazitäten Schritt für Schritt sinkt. Vorrang bedeutet deshalb auch nicht Ausschließlichkeit, sondern Priorisierung.

Die Duisburger Grünen:

  • unterstützen die Anstrengungen der Bundesregierung und der NRW-Landesregierung, die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität mit einem Maßnahmenmix voranzutreiben. Dieser sieht die Schaffung der Infrastruktur und Rahmenbedingungen für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff genauso vor wie Subventionen bei der Umstellung der Produktionsanlagen auf CO2-arme und CO2-freie Verfahren über das Instrument der Klimaschutzverträge (“Carbon Contracts for Difference”) und perspektivisch die Schaffung grüner Leitmärkte, etwa über Quoten für die öffentliche Beschaffung.
  • fordern die grüne Bundestagsfraktion und die grüne Fraktion im Europäischen Parlament auf, sich für eine ökologisch ambitionierte Wasserstoff-Regulierung einzusetzen, die das Labeln von Atomstrom als “grün” ausschließt, und gleichzeitig ein Konzept zur zielgerichteten finanziellen Unterstützung des Wasserstoffhochlaufs zu entwickeln. Dies sollte in Einbindung eines Gesamtkonzeptes zur Förderung von Transformationstechnologien (wie Batterien, Wärmepumpen, usw.) passieren.
  • erwarten, dass die Beschäftigten auf dem Weg der Transformation von den Sozialpartnern und der Politik begleitet werden und unterstützen deshalb das “Bündnis für Qualifizierung” und Aktivitäten in der Region, die Weiterbildungen für den Umgang mit den neuen Technologien bereitstellen.
  • unterstützen die Stadt und die weiteren zuständigen Akteure auf dem Weg, Duisburg und die Rhein-Ruhr-Region zum europäischen Wasserstoff-Hotspot zu entwickeln. Die Ernennung eines Wasserstoff-Koordinators in der Stadtverwaltung ist ein guter Schritt zur Bündelung der Maßnahmen, dem weitere folgen sollten, um Synergien zu schaffen.
  • begrüßen, dass sich mit dem Wasserstoffverein Hy.Region.Rhein.Ruhr auf Initiative des Zentrums für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) und der Stadt Duisburg private und städtische Unternehmen zu einem Verein zusammengeschlossen haben, dessen Initiativen weit über Duisburg hinaus bis ins östliche Ruhrgebiet reichen. Durch die aktive Zuarbeit und Übernahme von geschäftsführenden Aufgaben durch die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft Duisburg Business & Innovation kann eine intensive Abstimmung der städtischen Aktivitäten mit denen des Vereins erreicht werden. So kann Duisburg seine Rolle in der Region wahrnehmen. Die Duisburger Grünen freuen sich über die regelmäßige Berichterstattung des Vereins in den zuständigen städtischen Gremien des Rates der Stadt Duisburg.
  • unterstützen den notwendigen schnellen Aus- und Umbau vorhandener Infrastruktur für die grüne Transformation unserer Stadt, insbesondere der nötigen Netze. Der zur Erreichung der Klimaziele nötige Infrastrukturausbau soll möglichst eingriffsarm geschehen, Kollisionen mit dem Naturschutz möglichst vermeiden bzw. mit Ausgleichsflächen kompensieren. Durch Bürokratieabbau und Transparenz können die notwendigen Genehmigungsverfahren abgekürzt werden.
  • fordern die Verwaltung der Stadt Duisburg auf, regelmäßig in den Gremien der Stadt über die Umsetzung der Initiativen zu berichten, um gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen frühzeitig angesetzte Beteiligungsverfahren zu organisieren, die sowohl örtlich betroffene Einwohner*innen als auch die Zivilgesellschaft, insbesondere Umwelt- und Naturschutzverbände, einbinden. Nur durch zeitnahe, offene und transparente Informationsprozesse kann die notwendige Akzeptanz in der Stadtgesellschaft geschaffen werden.
  • werden im Rat der Stadt Duisburg und in den Bezirksvertretungen Wasserstoff-Aktivitäten positiv begleiten und an Hand der oben genannten Kriterien bewerten.

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